· 

Transit - Zwischen Schweden und Schweiz

Wir sind wieder on the road. Herr Puch ist vollgepackt - aber dieses Mal nicht mit Camping-Ausrüstung. In seinem Kofferraum stapeln sich Kisten mit Geschirr und Küchenutensilien, dazwischen Bettwäsche, obendrauf ein Klapptisch und zwei Stühle. Die Umzugs-Vorhut. Mit zwei Autos machen wir uns vergangene Woche auf den Weg nach Süden. Erster Zwischenstopp in der Nähe von Hamburg bei Kerstens Eltern. Es ist ganz wunderbar, die Familie nach der Corona-bedingten langen Trennung endlich wiederzusehen! Und obwohl das Wetter auch in Göteborg in den Tagen vor unserer Abfahrt toll war, fühlt es sich hier das erste Mal seit langer Zeit wieder wie richtiger Hochsommer an. An das Tragen der Gesichtsmaske - ich habe uns vor der Abreise noch ein paar genäht - müssen wir uns allerdings noch gewöhnen. Inzwischen liegt ein "Not-Pack" im Auto bereit. Wegen Corona ist ohnehin alles ein bisschen anders als sonst. Man möchte die Menschen, die man so lange nicht gesehen hat, drücken und in die Arme nehmen, belässt es dann aber doch lieber beim "Ellenbogen-Bump". Die verschobene Konfirmation der Nichte findet unter generalstabsmäßig geplanten Bedingungen vor der Kirche statt. Die sechs "Kernfamilien" der Konfirmanden sitzen getrennt von einander in kleinen Pavillons, auf dem Weg dorthin tragen wir Masken. Auch die Familien-Feier im Anschluss findet im Garten statt - ein Segen, daß es nicht regnet. 

Standleitung nach Göteborg

Derweil laufen in unserem Haus in Göteborg die potentiellen Kauf-Interessenten durch die Räume. 22 haben sich angemeldet und wir sind zuversichtlich, daß jemand dabei ist, der den von uns gewünschten Preis bezahlen wird. Wir wollen mit dem Verkauf nichts verdienen, es wäre nur schön, wenn wir den Preis, den wir bezahlt haben, wiederbekämen. Die Maklerin ist skeptisch. Durch Corona sei der Markt nicht vorhersehbar, die Leute seien unsicher, ob sie eine große Investition tätigen sollen und: der Preis sei eigentlich zu hoch für die Wohngegend. Pech für uns, daß wir im vergangenen Jahr beim Bieterverfahren so eifrig bis zum Ende mitgeboten haben... Als wir aber die große Zahl der Interessenten sehen, denken wir, daß es schon klappen wird.

Bin ich infiziert oder nur wetterfühlig?

Inzwischen bin ich mit Herrn Puch zu meinen Eltern weitergefahren. Sie wohnen in einem kleinen Ort in der Nähe von Köln und es ist kein Vergnügen, fünfeinhalb Stunden ohne Klima-Anlage über die erstaunlich vollen Autobahnen zu zockeln. Aber ich freue mich, seit Januar haben wir uns nur per Video-Telefonie gesehen. Gleichzeitig habe ich ein mulmiges Gefühl im Bauch. Meine Eltern sind beide Vorzeige-Mitglieder der Corona-Risikogruppe. Beide über 80 und eigentlich noch recht fit, aber üppig mit chronischen Vorerkrankungen ausgestattet. Ich stelle mir vor, daß schon ein Bruchteil des Erregers ausreicht, um sie auszuknocken. Wen habe ich in den vergangenen Tagen getroffen? Waren alle gesund? Diese Fragen gehen mir durch den Kopf und ich beobachte mich seit meiner Ankunft genau. Habe ich Symptome oder ist es das feucht-heisse Wetter, daß meine Bronchien nach zwei Tagen in der Kölner Bucht zum Pfeiffen bringt? Bis auf meine beiden ältesten Freundinnen und die Familie treffe ich niemanden. 

Keine guten Vorzeichen fürs Bieterverfahren

Ich kann mich nicht entspannen. Und meine Laune wird richtig schlecht, als die Maklerin uns mitteilt, daß von den 22 Interessenten nur drei (!) ins Bieterverfahren einsteigen wollen, fünf habe sie nicht erreicht, den anderen passe entweder der Preis, die Lage oder die Größe des Hauses nicht. Was für eine Ernüchterung! Die Chancen, daß wir die Immobilie nach unseren Vorstellungen verkauft bekommen, stehen schlecht. Was machen wir denn, wenn wir das Haus nicht verkauft kriegen? Mein Freund, wollte eigentlich von Hamburg wieder zurück nach Göteborg fahren, um den Umzug und eigentlich auch den Hausverkauf abzuwickeln. Daraus wird vielleicht nichts. Immerhin ist es mir gelungen, unsere Vermieterin in Zürich zu erreichen, um die Details der Schlüssel-Übergabe zu klären. Zehn Tag schien sie wie vom Erdboden verschluckt, reagierte weder auf meine Anrufe noch auf meine Nachrichten. Es sei alles etwas turbulent gewesen in den vergangenen Wochen, sagt sie, als ich sie endlich an der Strippe habe. Aber jetzt "lagom", sagt sie. Und daß sie sich auf uns freut. Das hat mir noch kein Vermieter gesagt. Ich erinnere sie, daß wir immer noch ihre Konto-Verbindung benötigen, um die Miete zu überweisen. "Lagom", sagt sie wieder. "Das machen wir, wenn Sie da sind." 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0